Heute ist ihr Geburtstag. Sie war die Tochter eines Hamburger Kaufmanns. Geboren in einer Zeit, in der das geltende Reglement den Tagesablauf und darüber hinaus das weitere Leben bestimmte. Das kleine Mädchen wuchs in einem Stadtteil auf, deren Rhododendronhecken noch heute vor dem Draußen schützen...
BOOMER
In Situationen wie diesen ist BOOMER ganz bei sich. Sie sucht sich einen ruhigen Platz im Garten, streckt ihre Gumminase in die Luft und nimmt Düfte auf. Unermüdlich. Oder sie beobachtet Wolken. Flugzeuge, Vögel und auch sonst alles was fliegt. BOOMER liebt das. Und während ihre Nase arbeitet und ihre Augen jede Bewegung wahrnehmen, strahlt sie eine ganz besondere Ruhe aus.
Aber wehe, das Eichhörnchen turnt über sie hinweg. Dann wird BOOMER zum Berserker. Sie hasst es. Das Eichhörnchen. Denn es kann klettern und fliegen. Und das kann BOOMER nicht. Sie verbellt das Biest mit dem Puschelschwanz, laut und tief. Am Ende einer aussichtslosen Verfolgungsjagd macht sie irgendwann kehrt und wendet sich wieder ihren philosophischen Betrachtungen zu.
Der Gedanke liegt nahe, BOOMER sei eine sanfte, besonnene und stille Hündin. Weit gefehlt! BOOMER ist ein Racker. Oft wie ein Welpe, tollpatschig und ungebremst. Wie eine Dampfwalze verschafft sie sich Platz. Und Gehör. Sie will beachtet werden, denn BOOMER ist der Boss. Sie hat im Rudel das Sagen. Was sie will, nimmt sie sich. Die Nacken ihrer Schwestern. Oder deren Beine. Deren Spielzeug sowieso. Deren Futter? Never ever! Denn an diesem Punkt kennen ihre beiden Älteren keine Freunde. Obwohl... BUSTER würde ihr wahrscheinlich alles geben.
Die Luft ist herrlich. Ich stelle einen Stuhl in die ersten Sonnenstrahlen dieses Morgens und mache eine Runde durch den Garten.
Der Perlenschmuck der Schneebeere strahlt vor dunklem Blattwerk. Eine der Reiseschnecken macht Pause unter einer wilden Malve.
Ein Rhododendron hat sich eine allerletzte Blüte für dieses Jahr an den Hut gesteckt.
Die fette Henne legt von Tag zu Tag mehr Rouge auf ihre Wangen.
Und die Rosen geben in diesen spätsommerlichen Tagen noch einmal alles.
Schöner kann ein Tag kaum beginnen.
Hochnebel stehen vor dem Gartenzaun. Milchigweiße wabernde Gespenster, unentschlossen in ihrer Bewegung. Haut ab! Die gestern frisch gemähte Wiese ist sauer, denn diese Gesellen zerstörten ihr die neue Frisur!
Klitschnass liegt das Gras am Boden. Schnecken mit und ohne Gepäck haben sich bereits auf die Reise gemacht. Sie wollen ihr Ziel erreichen, bevor die wieder auferstandenen Grashalme sie bremsen. Überall im Garten rollen schwere Wassertropfen von den Blättern, küssen Rosenblüten zum Abschied und sterben in der aufgehenden Sonne. Doch morgen schon sind die Nebel zurück. Jetzt ist ihre Zeit.
